Gerade schnellt wieder eine Nachricht durchs Internet: „Deutschland braucht dauerhaft hohe Zuwanderung“! Wenn nicht mindestes 500 000 Menschen pro Jahr nach Deutschland zuwanderten, dann würden uns bis zum Jahr 2040 viele Millionen an Arbeitskräften fehlen. Ich bezweifle diese Behauptung und entgegne: bis zum Erweis des Gegenteils halte ich diese Darstellung für eine gezielte Volksverdummung.
Nanu. Will da tatsächlich einer behaupten, es gäbe in Deutschland keinen demographischen Wandel? Es gäbe keine dramatischen Verzerrungen der Alterspyramide? Es fehle dem deutschen Volk nicht an Kindern?
Nein, das will ich gewiß nicht behaupten. Schon vor 31 Jahren war die umgekehrte Alterspyramide mutmaßlicherweise verursacht durch den „Pillenknick“ (Rückgang der jährlichen Geburten von etwa 135 000 im Jahr 1963 auf rund 85 000 im Jahr im Jahr 1977 durch den verstärkten Einsatz der Pille) ein regelmäßiges Gesprächsthema meines sehr geschätzten Vikarsvaters und späteren Ulmer Prälaten Rolf Scheffbuch. Er spürte den Demographiewandel schon damals sehr deutlich in seiner zunehmend überalterten Innenstadtgemeinde. Verschärft wurde der „Pillenknick“ in den weiteren Jahren durch die hohe Zahl von Abtreibungen.
Außerdem wird man sagen müssen, daß dieser demographische Wandel zu immer weniger Geburten deutscher Kinder politisch gewollt sein muß. Und das schon lange. Sonst hätte man nicht seit Jahrzehnten eine vom Bundesverfassungsgericht wiederholt kritisierte massiv familienfeindliche Politik gemacht. Seit Jahrzehnten wird in Deutschland Politik gemacht gegen Ehe, gegen Familie, gegen Kinder – zumindest gegen deutsche Kinder. Mit Beispielen dieser familienfeindlichen Politik ließen sich wohl Bände füllen. Der demographische Wandel als solcher ist unbestreitbare Tatsache.
Eine Demographielüge allerdings entsteht durch den Mißbrauch dieser Tatsache als Argument für den Zuwanderungswahnsinn. Hier wird der demographische Wandel zur Behauptung mißbraucht, daß wir angeblich diese Massenzuwanderung brauchen, damit wir genug junge Verdiener haben, welche auch in Zukunft unser Sozialsystem einschließlich unserer Renten finanzieren könnten.
Aber dieses scheinbar so schlüssige „Argument“ ist ein typisches Beispiel für dreiste Volksverdummung. In der Theorie scheint es zunächst ganz richtig zu sein, daß wir statistisch pro Rentner eine Zahl X von Verdienern brauchen, die mit ihren Rentenbeiträgen die aktuell anfallenden Renten erwirtschaften. Denn unser deutsches Rentensystem ist ja kein Vorsorgesparen, sondern ein von der Hand in den Mund leben. Wenn die Hand nicht mehr genug liefert, dann muß der Staat zuschießen oder der Rentner verhungert.
Ich versuche das Problem mit einigen rein beispielhaften Zahlen zu veranschaulichen: Nehmen wir als Zahl X der pro Rentner erforderlichen Verdiener einfach mal die 10. Ich weiß nicht, ob das real hinkommt. Darum geht es hier aber auch nicht. Nehmen wir also an, wir bräuchten 10 Verdiener mit einem jeweiligen Einkommen von 2000,-€ um für einen Rentner die Rente zu erwirtschaften.
Dann mag es richtig sein, und so wird argumentiert, daß wir davon aufgrund des demographischen Wandelns in Deutschland tatsächlich nur 5 Verdiener haben. Rein rechnerisch und rein theoretisch fehlen uns also pro Rentner irgendwann einmal 5 Verdiener. Das aber ist graue Theorie. Warum? Weil nicht das Vorhandensein von potentiellen Verdienern die notwendigen Rentenbeiträge tatsächlich erwirtschaftet, sondern vielmehr das Vorhandensein von entsprechend bezahlten Arbeitsplätzen.
Erst wenn diese Arbeitsplätze tatsächlich vorhanden sind, dann wird von Bedeutung, ob wir dafür auch die nötigen Erwerbstätigen haben. Und diese Arbeitsplätze haben wir nicht! Wir haben doch trotz demographischem Wandel auch ohne Zuwanderer heute 7 Millionen Hartz-IV-Empfänger und wohl realistisch betrachtet insgesamt an die 10-12 Millionen Arbeitslose!
Es fehlt doch tatsächlich nicht an Arbeitskräften. Es fehlt an Arbeitsplätzen. Insbesondere fehlt es an sicheren und gutbezahlten Arbeitsplätzen. Wir haben vielleicht schon heute, und in Zukunft wohl erst recht, nur 3 von den fiktiv angenommenen 10 benötigten Arbeitsplätzen pro Rentner. Laut einer Studie der Bank ING-Diba dürften in den nächsten Jahren von den derzeit 30,9 Millionen Beschäftigten in Deutschland rund 18 Millionen durch Maschinen und Software ersetzt werden. Und der Trend wird unweigerlich dahin gehen.
Dann werden wir eine Arbeitslosenquote von an die 60% in Deutschland haben! Trotz demographischem Wandel! Schon seit Jahren redet man von einer weltweiten 80:20 Gesellschaft. Das heißt: 80 Prozent der Menschen weltweit werden keine Arbeit haben oder eine, von der sie nicht wirklich leben können. Und die restlichen 20% werden im Geld schwimmen. Und es nützt weder für unsere Rentenbeiträge noch sonst für unser Volk auch nur das Allergeringste, wenn wir von diesen weltweit 80% möglichst viele nach Deutschland holen. Die belasten aller Theorie zum Trotz in der Praxis unsere Sozialkassen einschließlich der Rentenkassen nämlich nur zusätzlich.
Wenn wir nämlich zu den fiktiven Zahlen unseres Beispiels zurückkehren, dann sieht das so aus: auch wenn wir zwar 10 Verdiener pro Rentner rechnerisch bräuchten aber aufgrund des demographischen Wandels nur 5 haben, dann haben wir trotzdem schon 2 zuviel, wenn wir diesen Fünfen nur 3 angemessene Arbeitsplätze anbieten können! Dann stehen trotzdem 2 von 5 Arbeitsfähigen arbeitslos auf der Straße und belasten unsere Sozialkassen zusätzlich.
Und jeder Zuwanderer, der ins Land geholt wird, der verschlimmert das Problem im Grundsatz nur! Denn jeder Arbeitsplatz kann nur einmal vergeben werden. Und jeder Arbeitsplatz, der an einen Zuwanderer vergeben wird, steht für einen deutschen Arbeitnehmer nicht mehr zur Verfügung.Deshalb rede ich von der Demographielüge!
Bevölkerungspolitisch läßt sich das Rentenproblem aufgrund der Rationalisierung überhaupt nicht lösen. Man hat da irgendwann mal mindestens theoretisch auch ganz anders gedacht und nur so ist das Problem lösbar: durch die fortschreitende Rationalisierung ist die Produktivität enorm gewachsen. Aber der dadurch erwirtschaftete Gewinn geht fast ausschließlich in die Taschen der Reichen und Superreichen. Und genau hier ist anzusetzen!
Die fortschreitende Rationalisierung führt notwendigerweise zu einem fortschreitenden Wegfall von Arbeitsplätzen. Die Zahlen der ING-Diba-Bank zeigen das sehr dramatisch. Die Renten und die Sozialleistungen insgesamt und damit auch eine sozial halbwegs funktionierende Gesellschaft lassen sich nur erhalten, wenn die Gewinne aus der hohen Produktivität auch in angemessenem Maße ins Sozialsystem einfließen. Andernfalls müssen unsere Sozialsysteme über kurz oder lang zusammenbrechen – Demographie hin oder her!