Uttenweiler, 16.12.2011
Liebe Brüder,
als ehemaliger „Bengel“ und Verantwortlicher der Ludwig-Hofacker-Vereinigung in der Bezirken Neuenstadt, Weinsberg und Öhringen und als damaliger theologischer Kandidat der „Lebendigen Gemeinde“ für die Wahl zur Landessynode 1989 melde ich mich tief besorgt bei Euch.
Ich habe den aktuellen Freundesbrief Dezember 2011 erhalten. Den lese ich immer mit großem Interesse. Diesmal allerdings auch mit einer gehörigen Portion Bestürzung. Ihr titelt in einer Zwischenüberschrift: „LG setzt durch: Weiterhin grundsätzlich keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Pfarrhaus“.
Lassen wir einmal dahingestellt, ob die LG das durchgesetzt hat, oder ob das abgesehen vom Votum der Offenen Kirche nicht ohnehin auch die Meinung von „Kirche für Morgen“ und „Evangelium und Kirche“ war. Der Bericht auf der Internetseite der Landeskirche legt Letzteres nahe.
Viel schwerwiegender ist: ihr täuscht, schärfer noch: ihr belügt und betrügt eure Leser mit dieser Darstellung! Denn ihr verschweigt, daß ihr euch für die Beibehaltung des Status Quo eingesetzt habt. Und den beschreibt Dan Peter auf der Internetseite der württembergischen Landeskirche so: Drei Punkte gelten in der württembergischen Landeskirche zum Zusammenleben Homosexueller im Pfarrhaus:
1. „Im Grundsatz ist das Zusammenleben im Pfarrhaus nicht möglich“
2. „In Ausnahmefällen, wenn ein Wahlgremium vor Ort es anders sieht, ist es möglich, in der Regel aus seelsorgerlichen Gründen“
3. „Wir halten am Leitbild der Ehe zwischen Mann und Frau weiterhin fest“
Wenn sich der Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ also für die Beibehaltung der bisherigen Praxis einsetzt, dann setzt er sich damit dafür ein, daß gleichgeschlechtliche Beziehungen im württembergischen Pfarrhaus weiterhin gelebt werden können, wenn dies vor Ort akzeptiert wird und der Oberkirchenrat entsprechend grünes Licht gibt.
Ich kann es leider nicht weniger hart sagen bzw. schreiben: Ihr seid Heuchler. Ihr präsentiert euch als stramme Vertreter einer bibeltreuen Linie. In Wirklichkeit seid ihr vor der unbiblischen Praxis aber längst eingeknickt. De facto ist der Grundsatz, den ihr so groß herausstellt, nämlich so wenig wert wie ein „Leitbild“ Ehe zwischen Mann und Frau, wenn im evangelischen Pfarrhaus kirchlich legitimiert Männlein und Weiblein kunterbunt zusammenleben, frei nach Shakespeare „Wie es euch gefällt“. Was im Pfarrhaus gelebt werden kann ist eine kirchlich anerkannte Möglichkeit. Da helfen alle Wortklaubereien nichts!
Ich wünsche Euch eine gesegnete Weihnachtszeit und vor allem wieder etwas mehr Mut in gebotener Klarheit und Eindeutigkeit zum Wort unseres Herrn Jesus Christus zu stehen.
Mit herzlichen und brüderlichen Grüßen
Euer
Jakob Tscharntke
(zum Stichwort „aus seelsorgerlichen Gründen“ siehe den untenstehenden Beitrag)